Essaouria – eine Lobeshymne auf das orientalische Paradies am Atlantik

Es gibt wenige Urlaubsorte, die dieses Gefühl der Sehnsucht wachrufen, wenn ich daheim im Alltag versinke: an eine andere Welt voller Schönheit, Gelassenheit und Weite – in den Farben Weiß und Blau. Nach einer stressigen Zeit voller Veränderungen und Unwägbarkeiten überraschte mich Andreas eines Tages mit einem Flugticket an meinen Sehnsuchtsort. Na ja – nicht direkt dorthin, aber von Marrakesh sind es nur etwa 3,5 h Busfahrt bis ans Meer.

Der Fotoklassiker: Blick vom Hafen auf die Medina

Das Schöne an Essaouira ist: es ist noch einigermaßen authentisch, ein wenig Massentourismus gibt es nur tagsüber, wenn die Ausflügler von Agadir durch die Altstadt streifen. Ansonsten wird der Ort vor allem von Kite-Surfern und Romantikern besucht – die den ewigen Wind nutzen, um ihrem Sport nachzugehen oder stundenlang am Strand entlang zu laufen. Ein starker Wind hat bislang immer geweht, wenn ich in Essaouira war.

blubber

Die Medina ist schon sehr auf die Gäste eingestellt – unzählige Riads laden zum Übernachten ein und wer auf marokkanisches Kunsthandwerk steht, kommt hier voll auf seine Kosten.

Eine der vielen Kunsthandwerksländen in der Medina – eine kunstvolle Mischung aus Ästhetik und Verfall

Von der Fassade sollte man sich nicht täuschen lassen. Kaum verlässt man die Mauern der Medina, begegnet mal dem Alltag (fast) ohne Touristen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig man sich abseits der abgetretenen Pfade bewegen muss, um das „wahre Leben“ zu sehen.

Ein Straßenzug außerhalb der Medina

Die Straßen sehen schon nicht mehr so pittoresk aus und man sieht, wie hart das Leben in Marokko ist – wenngleich die Märkte ein verheißungsvollen Angebot parat halten. Gesund ernähren konnten wir uns auf jeden Fall.

Obst- umd Gemüsemarkt in der Neustadt

Ich bin nun schon seit mehr als 10 Jahren immer mal wieder in Marokko und es gibt sie auch heute noch: die Schreibstuben, für all diejenigen, die gar nicht oder nicht gut schreiben können und Unterstützung bei der Erstellung von persönlichen oder formellen Briefen brauchen.

Eine Schreibstube

Das Angebot der Geschäfte ist alleine schon einen Besuch wert: Sei es der örtliche Möbelhändler, der eine Couch zum Probesitzen und Quatschen auf die Straße stellt:

Ein Ausstellungsstück des Möbelhändlers – ein schöner Ort für eine Unterhaltung. Kann leider nur leer gezeigt werden, da die meisten Marokkaner sich nicht gerne fotografieren lassen

Oder Kleidung und Haushaltwaren ohne jene Folklore, die in der Medina zu finden ist.

Der örtliche Einzelhandel

Vielleicht kann mir auch jemand sagen, wozu diese hübschen bunten Puschel gut sind? Schön anzusehen, aber der konkrete Nutzen erschließt sich mir nicht.

Buntes „Stroh“ (?)

Direkt an der Stadtmauer befindet sich dieses „Camp“ von Menschen, die sich hier ein Dach über dem Kopf gebaut haben. Erstaunlich für mich, dass der allseits respektierte König Mohammed auch hier offensichtlich ein hohes Ansehen genießt:

Auch hier hat König Mohammed hohes Ansehen

Direkt gegenüber ein verfallenes Gebäude – das Gelände soll wieder hergerichtet werden. Spätestens dann hat wahrscheinlich auch die Stunde des Camps geschlagen, auch hier macht die Gentrifizierung nicht halt. Und ja – wir sind mit unserer Reise und diesem Bericht ein Teil des Problems.

Alone

Zurück zu den klassischen Schönheiten von Essaouira: Natürlich der Hafen – DAS Fotomotiv der Reisenden

die Fischerboote

direkt daneben: eine Baustelle. Wegen unserer schlechten Französischkenntnisse kann ich nur mutmaßen, was dort gebaut wird. Entweder eine moderne Anlage für die Fischerei oder eine Marina für die Boote der Touristen. Im Internet habe ich in Englisch oder Deutsch dazu nichts gefunden.

Ausbau des alten Fischerhafens

Der alte Hafen ist absolut sehenswert – dort wird der Fang der Nacht verkauft:

Die alten, verwitterten Abstellräume der Fischer (?) haben wieder diesen romantischen Verfall mit der Schönheit aus vergangenen Zeiten in den Farben Essaouiras – weiß und blau.

Verfall

Über Essaouira kann man nicht schreiben, ohne ein Wort über die Katzen zu verlieren. Hier ist ihr Königreich. Zumindest in der Medina. Dort sind alle Katzen rund, gesund und gepflegt – und haben keine Scheu vor Menschen. Auch nicht die ganz Kleinen:

das Gegenteil von kamerascheu

Der kleine Racker saß mitten auf der belebten Straße und ließ sich gerne ablichten. Man merkt halt, dass Katzen hier gut behandelt werden. Ganz im Gegenteil zu den Artgenossen am Hafen – hier liefen viele kranke, schwache und unternährte Tiere herum. Fifth Avenue gegen die Bronx.

Noch ein letzter Blick auf die verwunschenen Winkel der Altstadt – bis zum nächsten Mal. Essaouira, Du hälst mich in deinem Bann.

Medina mit obligatorischer Katze.